Ein Blick über den Tellerrand

Ralf Rangnick ist ein begehrter Mann, dessen Expertise weit über die Grenzen des Fußballs anerkannt ist. In seiner langen Vita stehen viele europäische Top-Klubs, mit denen er zahlreiche Erfolge feiern konnte. Seitdem er das Amt als ÖFB Teamchef übernommen hat, ist auch im österreichischen Fußball-Nationalteam wieder eine Aufbruchstimmung spürbar.

ÖGV-Sportdirektor Niki Zitny hat sein Netzwerk im österreichischen Sport daher nach Möglichkeiten durchforstet, den erfahrenen Trainer für einen Workshop zu den Hauptthemen Teambuilding und Motivation in das neu eröffnete Performance & Competence Center des Österreichischen Golf-Verbandes (ÖGV) in Oberwaltersdorf zu lotsen und dem Betreuerteam des ÖGV die einmalige Gelegenheit zu bieten, einen tiefen Einblick in die Trainingsphilosophie dieser Fußballtrainerikone zu erhalten. Die grundsätzliche Frage lautete, sind seine Erfolgs-Prinzipien universell im Spitzensport anwendbar?

Puzzle-Teile auf dem Weg zum Erfolg

Erfolg im Spitzensport sei ein komplexes Puzzle. Schlussendlich zählt zwar das Ergebnis, der Spruch „der Weg ist das Ziel“ ist für Rangnick aber keine Plattitüde. Anhand seines Steckenpferds, dem Fußball erläuterte er seine Herangehensweise. Körperliche Fitness und die Begabung der Spieler, sowie eine auf die Spieler abgestimmte Spielidee des Trainers seien unabdingbare Vorrausetzungen. Ein entscheidender Baustein auf dem Weg zum Erfolg, sei im Sport aber vor allem auch das Teamgefüge. Und das beginnt beim Trainer.

Die persönliche Verbindung zu den Athleten in Kombination mit konstruktiver Kritik gehört an erste Stelle. Denn der größte Motivator für erfolgshungrige Menschen ist nicht Geld, sondern ein Umfeld das darauf ausgelegt ist, die individuelle Leistung der Athleten zu verbessern. „Motivation ist Überzeugungstransfer“, erläutert der ÖFB Teamchef. Athleten, die die Wertschätzung und die Leidenschaft für die Spielerentwicklung ihres Coaches spüren, stellen sich eher den Anforderungen des Coaching-Staff. Dabei helfen auch kleine Dinge mit großer Wirkung, die sich zu einem Gesamtgefüge addieren.

Um das Team auf die EM im Sommer einzuschwören, hat sich Teamchef Rangnick zum Beispiel etwas Besonderes einfallen lassen und in sämtlichen Baumärkten in Wien die Karabiner aufgekauft. Mit persönlicher Widmung versehen, sollen diese täglich das bevorstehende Highlight in Erinnerung rufen. Zudem werden die ÖFB-Teamspieler bei Lehrgängen mit Welcome-back-Videos begrüßt, um die kurze Zeit, die dem Teamchef zur Arbeit mit den Spielern bleibt, von Sekunde eins an bestmöglich zu nutzen.

Keine Wohlfühloase

Es geht aber nicht darum, für die Spieler eine reine Wohlfühloase zu schaffen. „Wir wollen mündige Spieler, die gern zum Team kommen.“ Rigorose Verbote bei Teamcamps gehören daher der Vergangenheit an. Auch ein Auftritt von Austro-Pop-Star Pizzera, der im Auftrag des ÖFB Teamchefs den Song „Hoch gwimmas (n)imma“ geschrieben hat, stand bereits als Überraschung auf dem Programm.

Die Hauptaufgabe des Trainers und des Verbands sei, den Athleten den Weg zu ebnen und die notwendigen Ressourcen und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Den Weg beschreiten müssen die Athleten eigenständig. Das und den nötigen Ehrgeiz fordert er auch von allen seinen Teamspielern. Wer nicht bereit ist für das Team und seine Kollegen alles zu geben, der hat bei ihm keinen Platz.

Beim Besuch von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick im neuen Performance & Competence Center des ÖGV in Oberwaltersdorf stand aber nicht nur der Austausch von Trainingsphilosophien und Erfolgsstrategien im Mittelpunkt. Das ÖGV Betreuerteam revanchierte sich für die Ausführungen des Teamchefs mit einer detaillierten Analyse seines Golfschwungs. „Sehr solide“, so die trockene Einschätzung. Lob gab es sogleich auch für die tollen Möglichkeiten im neuen „Home of Golf“ für den österreichischen Golfsport. Das Zentrum sei einer dieser gewichtigen Bausteine um wahre Champions zu formen.